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cross-skating-wiki:erfahrungsberichte:roesch_roller_1956

Erfahrungsberichte

Klaus Fink: Der erste in Serie gebaute Skiroller

Klaus Fink aus Böblingen (Jg. 1942) kommt vom klassischen Ski-Langlauf und ist in der Zeit von 1958 bis 2007 sehr viel auf unterschiedlichen Ski-Rollern gefahren – diverse Modelle davon auch nur kurz zum Testen.

Über diese Zeit kann er sehr anschaulich erzählen und schon im vorigen Jahr erfuhr ich bei meinem Besuch sehr viel über die historische Entwicklung der Skiroller.

Rösch-Roller

Auf einer CD bekam ich einen Film zu sehen über das 1. Deutsche Skiroller-Rennen 1956 in Böblingen.

Und was sah ich? Gefahren wurden die Vorläufer der heutigen Cross-Roller! Die Geräte waren mit 3 großen Luftreifen bestückt, hatten Rückrollsperren und Bremsen. Der Wettkampfort: eine Wiese im Freibad. Das Rennen wurde in der klassischen Technik ausgetragen, doch war tatsächlich auch dort schon jemand im Skatingschritt unterwegs (Minute 7:56, Startnummer 15)!

Der Film ist auf einer Extra-Seite zu sehen: 1. Deutsches Skiroller-Rennen.

Bei diesem Rennen waren namhafte Skiläufer (Kombination und Langlauf) aus dem süddeutschen Raum am Start und alle fuhren den ersten in Serie gebauten Roller, der in Deutschland gefertigt wurde: den „Ski-Roller 54“.

Im Spiegel 49/1955 findet man eine kurze Dokumentation über den Ski-Roller 54:
http://www.spiegel.de/spiegel/print/d-41960773.html

Klaus selbst ist mit diesem Modell von 1958 bis 1965 gefahren. Die damaligen Besitzer nannten den Roller immer „Rösch-Roller“ – nach dem Erfinder/Hersteller Oskar Rösch aus Pforzheim. Dessen Roller war der Renner in den 50-er/60-er Jahren. Der Roller fand unter den Ski-Langläufern großen Anklang – Rösch lieferte nach Finnland, Schweden, Norwegen, Russland, USA, Österreich, Italien, Schweiz usw.

Wie Klaus erzählt, haben sie schon damals verrückte Touren unternommen, so z.B. 60 Kilometer weit von Stuttgart-Rohr über die Dörfer auf die Schwäbische Alb hinauf nach Schopfloch. Wo es bergab ging, haben sie es laufen lassen. Ein Motorradfahrer rief ihnen auf einer längeren steilen Abfahrt zu: „Seid ihr wahnsinnig - fast 60 km/h“.

Als ich Klaus im Sommer 2014 besuchte, hatte er eine Überraschung für mich: er hatte einen Rösch-Roller organisiert, damit ich ihn „in echt“ anschauen konnte. Und ich staunte: was für ein Monstrum! Aber alles perfekt durchdacht und äußerst stabil.

Bild 1: Zeigt die Gesamtansicht mit dem Klappmechanismus. Wenn man fährt, wird sich dieser Mechanismus in etwa so auswirken wie in dem gezeigten Knick des Rollers.

Technische Daten des Rösch-Rollers:

  • 3-Rad-Modell
    (somit Vorläufer der heutigen Classic-Cross-Ski-Roller z.B. Dreirädler von Powerslide und Jenex)
  • Gewicht 4550 gr.
    (genau gewogenes Gewicht des vorliegenden Rösch-Roller-Modells, auf einer Spezialwaage ermittelt)
  • Achsabstand 90 cm
  • Länge über die Ausdehnung der Reifen 112 cm
  • Holmkonstruktion aus Holz, Holmbreite 8 cm
    Wegen dem hohen Gewicht Klappmechanismus, damit die beiden Hinterräder am Boden bleiben.
    Es gab Roller, die eine Ver-/Entriegelung hatten.
    Die Holmunterseite enthielt eine Sperre, damit die Räder nicht nach vorne durchkippen konnten.
  • Metallfelgen
  • Rückrollsperre jeweils im Vorderrad (Zahnradkonstruktion mit Sperrhebel)
  • Reifen: Continental Nylon-S 8 1/2 * 2 Zoll C 136 Profil mit Längsrillen.
    (Diese Qualität sollte es heute bei 7- und 8-Zoll-Reifen geben…)
  • Bremsen: Kabelzugbremse (wie man sie damals am Vorderrad beim Fahrrad hatte).
    Eine Seilkonstruktion, die an den Hosentaschen mit Sicherheitsnadeln zu befestigen war. Bremse wird durch Handzug am Seil aktiviert und kann dann links/rechts unterschiedlich dosiert werden.
  • Achsen: Durchreichende Achsen über die Gabeln hinaus.
  • Lager: Nachstellbare Konuskugellager (wie beim Fahrrad).
  • Bindung: LL-Skibindung Norm 75.
  • Preis: 134,– DM.
    (Dies war zur damaligen Zeit ganz schön teuer)

Mehr Bilder vom Rösch-Roller, von Klaus fotografiert und kommentiert:

Aufgenommen wurden die Bilder jeweils vom linken Roller.

Bild 2:
Die Holm-Unterseite zeigt die Sperre für den Klappmechanismus. Mit dieser wird verhindert, dass die Räder nach vorne durchklappen und es dann böse Stürze geben könnte.

Bild 3:
Blick auf die geschlossene Doppelradkonstruktion und die Bremse. Die Bremse wirkt jeweils auf das innere Rad.

Bild 4:
Eine andere Sicht auf Doppelrad und Bremse. Die geschlossenen Doppelräder wirken walzenähnlich und unterscheiden sich wesentlich vom heutigen Anbau der Räder an den Holmaußenseiten (z.B. beim Dreirädler von Powerslide oder Jenex, bei denen sich im Gelände teilweise ein unangenehmer Kippeffekt ergibt).

Bild 5:
Zeigt das Vorderrad. Zu sehen ist auch die Einfädelung des Seiles im angeschraubten Bremsgriff. Die Rückrollsperre wird mit dem Zahnrad und einem Sperrhebel bewirkt. Die Befestigung des Sperrhebels ist an der Mutter mit den 5 Schlitzen vor der Achsschraube zu sehen. Zur Gabelinnenseite wirkt eine Kontermutter – mit der man auch den Sperrhebel genau auf das Zahnrad ausrichten kann.

Bild 6:
Ich habe das Vorderrad ausgebaut um die Rückrollsperre genauer zu zeigen. Achse und Konuslager sind auch zu sehen.

Bild 7:
Standposition auf dem Roller zeigt das Zugseil und die Bremse. Es ist ratsam, beide Bremsen gleichzeitig zu betätigen und etwas in Rücklage zu gehen.
(Damit das Foto keine falschen Eindrücke erweckt: man konnte natürlich nur mit den damaligen LL-Schuhen fahren!)

Grimmer-Roller

Seit den 70er Jahren wurde der Grimmer-Roller aus der DDR für das klassische Skilanglauftraining genutzt. Er unterscheidet sich so ziemlich in allem vom Rösch-Roller.

4-Rad-Konstruktion: vorne größere/schwerere Räder, damit ein Schwerpunkt für die klassische Technik nach vorne erreicht wird. Das Antennenrad soll eine Ski-ähnliche Führung begünstigen. Diese Bauweise ist heute noch aufzufinden.

Klaus mag diese Art von Skirollern nicht so gerne, hatte aber nichtsdestotrotz einen parat :-)

Wer genau hinschaut, wundert sich über den modernen Schuh. Dieser Roller ist tatsächlich wieder einsatzbereit. Da es die Schuhe zur alten Skibindung kaum noch gibt, wurde eine neue Bindung aufgeschraubt. Es ist aber eher als Gag gedacht und nicht für längeren Einsatz……

...und dann...

Was Klaus weiterhin erzählte über die verschiedenen Materialien und Fertigungsarten und Eigenschaften von Skirollern und mir dabei Holm um Holm aus seinem Fundus zeigte, konnte ich mir gar nicht alles merken (aber eins ist sicher: Luftreifen waren keine mehr dabei! :-)).

Daher kommt hier der interviewte Klaus für einen kurzen Abriss zu Wort:

Nach dem „Grimmer-Roller“ ging es mit der Entwicklung/Fertigung rasch voran.

Es folgten die 3-Rad-Roller mit den Holmteilen aus Aluminium. Die Hinterräder wurden jeweils an den Flanken des Holmes angebaut. Die Holmlänge betrug 90 cm. Es gab schon unterschiedliche Radgrößen (maximal 100 mm). Die Reifen waren aus Voll-/Hartgummi.
Ich bin in dieser Zeit Roller gefahren von Hosprint und Roleto.

Anfang der 80-er Jahre gab es rasant Neuentwicklungen.

Die Holmlängen wurden auf 70 cm gekürzt. Die Materialien wurden immer leichter, PU-Rollen für Rennversionen kamen zum Einsatz. Ski-Skett baute nun auch schon Holmteile aus Fiberglas.
Zu dieser Zeit bin ich auf Ski-Skett gefahren (kurze Zeit auch ein Modell von SkiRollo).

Nun kam die Zeit der 2-Rad-Roller = Walzenroller.

Zunächst auch in den Längen 90 cm und dann eben gekürzt auf 70 cm.
Ich fuhr bis ins Jahr 2007 immer weiter klassisch. Zusammen mit meinem Sohn hatten wir Roller von ProSki, Roleto, Landsem, SkiSkett, Swenor, SwedSki. Zu den unterschiedlichen Rollern, Bezugsquellen, Testmodellen kam ich, weil mein Sohn mittlerweile alle Kader bis zum DSV durchlaufen hatte und er auch gut gesponsert wurde.

Meine Lieblingsroller über die gesamte Zeit waren:

  • 3-Rad-Roller: Rösch-Roller, Hosprint, SkiSkett BiTurbo (Alu und Fiberglas)
  • Walzenroller: SkiSkett ItalSki, Swenor-Finstep und Swenor-TriStar


Herzlichen Dank an Klaus für den wieder sehr interessanten und kurzweiligen Nachmittag!
ANDREA

cross-skating-wiki/erfahrungsberichte/roesch_roller_1956.txt · Zuletzt geändert: 12.09.2014 19:53 von anki